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Im Jacob Javits Center findet derzeit die 135. Ausgabe der AES (Audio Engineering Society) statt.

In einer frühen Session beschreibt der mehrfache Grammygewinner Jim Anderson, wie er das neue Album der Saxofonistin Jane Ira Bloom, die auch anwesend ist, in surround sound und high resolution aufgenommen hat. Unter anderem platzierte er eine ganze Umlaufbahn an Mikrophonen im Avatar Studio, um diesen Effekt zu erzielen. Jim, der vor vielen Jahren schon einmal meine Live aus New York Sendung produzierte, erzählt außerdem, daß er mit Jane schon seit 25 Jahren arbeitet. Auch das sicherlich ein Grund dafür, warum “Sixteen Sunsets” eine so atemberaubend schöne Aufnahme geworden ist, nicht nur was den Sound angeht, sondern vor allem auch Jane’s Spiel.

In einer weiteren Session erklärt Alan Silverman, warum “Jump For Joy” von Peggy Lee bisher noch nie als Stereo CD veröffentlicht wurde. Die Platte war 1959 eine der ersten, die in Stereo aufgenommen wurden. Silverman fand die Originalbänder aus den Capitol Studios, darunter auch die auf drei Spuren aufgenommenen takes, die er dann letztendlich für dieses Projekt verwenden konnte. Das Resultat ist umwerfend, kristallklar.

In einer Pause treffe ich David Stevens aus Philadelphia. Von dem Gitarristen wird man in Zukunft noch eine Menge mehr hören.

In einer weiteren Session wird der legendäre Produzent und Engineer Joe Ferla geehrt. Er hat sich Anfang des Jahres aus dem Geschäft zurückgezogen und in einer Retrospektive spielt er einige seiner Aufnahmen vor und spricht über die Künstler und seine besondere Recording Technik. Ferla, dessen Durchbruch 1976 mit der Aufnahme von “The Closer I Get To You” von Roberta Flack und Donny Hathaway gelang (was anfangs übrigens fast nicht auf die Platte gekommen ist), ist ein Ass der alten Schule. Fast alle Stücke, die er spielt, sind analog von ihm aufgenommen worden. Und darunter sind Songs von Esperanza Spalding, Christian McBride, Brian Blade und John Scofield.

Nach der Convention fahre ich ins East Village, um Radhika Philip zu treffen. Die sympathische Autorin hat gerade mit “Being Here: Conversations on Creating Music” ein Buch herausgebracht, in dem sie den kreativen Prozess des Musikmachens und des Leitens von improvisierenden Musikern anhand von 25 Interviews beschreibt. Das Buch kommt auch für sie überraschend gut an. Amiri Baraka oder auch Laurie Anderson feiern das Buch als wichtiges, zeitgenössisches Dokument.

Auf dem Weg zurück zur Subway kann ich leider mal wieder nicht an einem Plattenladen einfach so vorbeigehen. Ich finde seltene Schätze von Maxayn Lewis, Syreeta, LaLomie Washburn und Ullanda McCullough.

Und dann noch zum Live Jazz am Abend: Tom Harrell zu sehen ist immer eine große Freude. Mit seiner Band Trip kann ich ihn erstmals auch mit Mark Turner am Saxofon hören. Das Village Vanguard ist an diesem Abend brechend voll. Ugonna Okegwo am Bass und Adam Cruz am Schlagzeug vervollständigen sein klavierloses Quartett.

Für mein zweites Konzert an diesem Samstagabend fahre ich wieder nach Brooklyn. Auf der Nostrand Avenue liegt Sista’s Place, ein Wohnzimmerclub, den es hier seit 1995 gibt. Es gibt ein herzliches Wiedersehen mit Vanessa Rubin, die ihr letztes Konzert in Berlin vor über 10 Jahren gab. Vanessa zählt für mich zu den besten Sängerinnen überhaupt. Sie beherrscht das Great American Songbook genauso wie dreckige Bluesnummern à la Irene Reid und sie schreibt auch hervorragende, eigene Songs. Mit ihrer kräftigen und gleichzeitig aber samtenen Stimme stellt sie einige Songs aus ihrer neuen CD “Full Circle” vor. Unter anderen mit Lonnie Plaxico am Bass.

Special thanks heute an Amy Miller und Barney Fields.

Heute am Sonntag, meinem letzten vollen Tag vor der morgigen Abreise, geht es am Abend zum Highline Ballroom: Lizz Wright und Raúl Midón sind in town.

Matthias Kirsch

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