Dort, wo sonst ausgesuchte Jazzmusiker bei “The Orange Room” auf der Bühne stehen, sprach Leslie Nachmann mit Thilo Hardt über seine Karriere und das Besondere an Unternehmensgründungen in Zeiten der Digitalisierung. Die Chefmoderatorin von JazzRadio wollte dem erfolgreichen Unternehmer nicht nur seine Erfolgsgeschichte, sondern ebenso das ein oder andere Erfolgsrezept entlocken.

Dem Gespräch wohnten zahlreiche Gäste bei, die nicht nur aufgrund des einsetzenden Herbstwetters das wohlige Ambiente der Hotellounge des Ellington genossen. Zwischen dem Sektempfang und dem kulinarischen Angebot des Büfetts und der Bar bot sich ihnen die Möglichkeit, ganz im Sinne eines Business Clubs neue Kontakte zu knüpfen. Bevor Thilo Hardt über seine Erfahrungen in der Start-up-Szene berichtete, konnte sich das Publikum zudem vom Microsoft Surface Hub der Firma Minhoff überzeugen. Dabei handelt es sich um ein Whiteboard- und Konferenzsystem, das die Funktionalität eines Tablets mit der Größe eines Flatscreenfernsehers vereint.

 

Es sieht immer einfacher aus, als es ist

“Ten years of trying will eventually make you look like an overnight success.” Mit diesem Ausspruch wollte Thilo Hardt direkt zu Beginn des Abends verdeutlichen, dass Erfolgsgeschichten erst im Nachhinein als Erfolgsgeschichten erscheinen. Die Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten auf dem Weg zum Erfolg werden allzu schnell übersehen. An der Spitze angekommen, wirkt der Triumph beinahe selbstverständlich und wie über Nacht erreicht. Doch hinter der vermeintlichen Leichtigkeit stecken viel harte Arbeit und etwaige Rückschläge.

Dies wurde deutlich, als Thilo Hardt seinen biographischen Werdegang anhand eines Zeitstrahls darstellte, der von der Geburt Hardts bis heute reichte. Der Graph, der die Höhen und Tiefen seines Lebens visualisieren sollte, war dementsprechend keine gerade, steil nach oben verlaufende Linie.

interviewbusinessclub

Erste Erfolge und Rückschläge

Der 1981 geborene Hardt konnte bereits im Teenageralter erste Erfolge als Programmierer verbuchen. Ein Betriebssystem für Webcams und eine Onlinedatenbank für Songtexte konnte er erfolgreich verkaufen. Beides findet noch heute Anwendung.

Nach familiären Rückschlägen entschied sich Thilo Hardt sehr früh für die Selbstständigkeit. Seine erste eigene Softwarefirma in Stuttgart zählt er heute nicht mehr zu den Unternehmen, die er erfolgreich nennt. Nach dieser ersten enttäuschenden Erfahrung zog es ihn nach Berlin. Berlin sei – so Thilo Hardt heute – aus dem Grund ideal für Start-ups, weil die Kosten zum Beispiel für Mieten im Vergleich zu anderen Städten wie London immer noch sehr gering seien.

Hier schloss er sich mit drei Freunden zusammen, um das kommerzielle Potenzial des Internets auszunutzen. Sie gründeten ein E-Commerce-Unternehmen. Nachdem sie den Handel mit Parfüm und mit Schuhen recht schnell verwarfen, entschieden sie sich, ab sofort Brillen online zu verkaufen. Diese Idee führte 2007 zu der Gründung von Mister Spex.

 

Mister Spex

Abgesehen davon, dass die vier Jungunternehmer absolut keine Ahnung vom Optikergewerbe vorweisen konnten, wollte in ihrem Umfeld generell niemand daran glauben, dass sich Brillen online verkaufen ließen. Zu groß schien die Marktmacht und die Kundentreue der bekannten Optiker zu sein.

Die Anfangsphase schien den Skeptikern recht zu geben. Die Website von Mister Spex war ästhetisch fragwürdig und es gab Tage ohne eine einzige Bestellung. Die Gründer konnten sich teilweise keine Gehälter zahlen und mussten manchmal sogar Regale im Supermarkt einräumen, um über die Runden zu kommen.

 

Der Erfolg

Doch der Durchbruch kam ausgerechnet im Rahmen der Finanzkrise 2008. Sowohl der stationäre Einzelhandel als auch der Werbemarkt befanden sich im Wandel. Thilo Hardt und seine Partner erkannten die Chance und förderten die Bekanntheit von Mister Spex mit Hilfe von Fernseh- und Radiospots, die zu der Zeit billiger und einfacher zu buchen waren. Noch heute glaubt er an Fernseh- und Radiowerbung und vertraut dementsprechend Sendern wie JazzRadio.

Mister Spex fand Investoren, konnte sich auf dem Markt etablieren und sich sogar gegen Konkurrenten, die das Geschäftsmodell kopierten, durchsetzen. Nachdem sein Brillenversand zum Onlineshop des Jahres gewählt wurde, verließ Thilo Hardt Mister Spex. Nach einer Zwischenstation in London, wo er viel fliegen musste, entwickelte sich die Idee zu einem benutzerfreundlichen Buchungsportal für Flugreisen. Dies führte vor gut zwei Jahren zu der Gründung von eWings.com. Dabei konnte er seine zuvor gemachten Erfahrungen im E-Commerce einbringen, sodass sein neues Flugportal bereits dieses Jahr den Innovationspreis der Deutschen Luftfahrt gewinnen konnte.

dsc_0277

Das Erfolgsgeheimnis?

An diesem Abend im Business Club war das Publikum neben der Lebensgeschichte Thilo Hardts natürlich auch an seinen Erfolgsgeheimnissen interessiert. Wie konnte es gelingen, mit gerade einmal 35 Jahren bereits zwei wirtschaftlich erfolgreiche und preisgekrönte Unternehmen aus der Taufe zu heben?

Bei der Beantwortung dieser Frage zeigte sich Thilo Hardt geradezu demütig. Er betonte, dass es gar nicht so sehr auf die Geschäftsidee ankomme. Wichtiger seien die Leute, die sie zu realisieren versuchen. Ein schlechtes Team geht auch mit einer guten Idee unter. Doch ein gutes Team, das sich aus den richtigen Leuten zusammensetzt, kann auch eine schlechte Idee nach vorne bringen und gemeinsam schlechte Zeiten überstehen.

 

Die richtigen Charaktereigenschaften

Dementsprechend komme es nicht zuletzt auf den Charakter eines Unternehmensgründers an. Nicht jeder könne die richtige Einstellung an den Tag legen. Man sollte auch dankbar sein können. Selbstverständlichkeit – egal ob in Bezug auf den eigenen Erfolg oder im Umgang mit den Mitarbeitern – kann das Projekt sehr schnell fehlschlagen lassen.

In unserer vollvernetzten Welt, wo man innerhalb eines Tages jeden beliebigen Ort erreichen kann, sei das Unternehmertum die letzte Möglichkeit, Entdeckungen zu machen, so Thilo Hardt. Unternehmertum ist aufstehen und machen.

Dabei – so das Fazit des Gesprächs mit Leslie Nachmann – sei das Wichtigste die eigene Überzeugung. Man muss an sich und seine Idee glauben, um die Motivation zu besitzen, sich den Erfolg zu erarbeiten.

Recent Posts