JazzRadio-Moderator Jan Huttanus rezensiert PHILLY D.A., die neue TV-Doku-Serie über LARRY KRASNER, Philadelphias umstrittenen radikalen Staatsanwalt, und interviewt die Filmemacher hinter dem Projekt.

Wir befinden uns in Philadelphia, Pennsylvania im Jahr 2017. Die Stadt weist eine der höchsten Inhaftierungsraten der gesamten USA auf und ihr ehemaliger Staatsanwalt R. Seth Williams wurde für Bestechung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hier beginnt die Geschichte zu Philly D.A.

Der Anwalt Larry Krasner war über 30 Jahre Verteidiger der politisch Linken. Spezialisiert auf Zivilrecht vertrat er vor Gericht Mitglieder der Black Lives Matter Bewegung und Occupy Philadelphia, ohne dafür Kosten in Rechnung zu stellen. In der Vergangenheit verklagte Krasner das Philadelphia Police Department über 75 mal und bewirbt sich nun auf das freigewordene Amt des 26. Staatsanwalts.

Philly D.A. steigt ein, wo viele Politdokumentationen schon am Ende sind. Wir sehen die letzten Tage des Wahlkampfes und den Gewinner Larry Krasner, der mit einem Erdrutschsieg in die Position des Staatsanwalts gewählt wird. Hier startet die achtteilige Serie und hier stellen ihre Macher (Ted Passon, Nicole Salazar und Yoni Brook) hintergründig die wichtige und oft vergessene Frage nach dem Inhalt. Es geht nicht um den heldenhaften Wahlkampf, an dessen Ende ein Sieger mit hochgerissenen Armen steht. Sondern um den versprochenen Wechsel in der Politik, um den Versuch ein veraltetes und für die Mehrheit der Bevölkerung dysfunktionales System umzukrempeln – mit ungewissem Ausgang. Denn Krasner wurde von seinen Befürwortern gewählt, da er als anti-establishment und als Reformer gilt, seine Gegner hingegen befürchten er bringe Anarchie nach Philadalphia. Inmitten dieses emotionalen Spannungsbogens gibt Krasner, gegen alle Ratschläge seiner Berater, den Filmemachern komplette inhaltliche Freiheit. Nur so schafft es Philly D.A. einen ehrlichen und ganzheitlichen Blick auf den Menschen Larry Krasner, zwischen Staatsanwalt und Privatmann, aber auch auf die Systeme die ihn umgeben und gegen welche er ankämpft, zu bekommen.

Wie sich der Machtkampf zwischen dem Team um den neuen Staatsanwalt und dem Justizsystem Philadelphias entspinnt, kann man im Programm der Berlinale Series erleben, wo Philly D.A als erste Dokumentationsserie überhaupt, eine von sechs Einreichungen stellt. Einem breiteren Publikum wird die Serie ab dem 20. April auf dem Fernsehsender PBS zugänglich sein. Mit Philly D.A. ist den Filmemachern eine besondere und kriminalfallartige Dokumentation gelungen, die nicht nur Politikinteressierte, sondern alle Menschen vor den Bildschirm locken sollte.

Interview by Jan Huttanus: