Wer versucht, das übliche Schubladendenken auf Bob Dylan anzuwenden, hat bereits im Ansatz falsch gedacht. Weder fühlte sich Dylan dem Establishment zugehörig, noch wollte er als Sprachrohr einer rebellischen Jugend in den 60er Jahren gelten.

Mal sozialkritisch, mal tief religiös, mal mit wenig Spielfreude auf der Bühne: sogar den eigenen Fans gegenüber macht er keine Anstalten, sich anzubiedern. Sie müssen ihn so nehmen, wie er ist. Unvergessen ist und bleibt diesbezüglich der Wechsel von der Akustikgitarre hin zur E-Gitarre, wofür er 1965 vonseiten des Publikums und einiger Musikerkollegen heftig angefeindet wurde.

 

Ehre wem Ehre gebührt

president_barack_obama_presents_american_musician_bob_dylan_with_a_medal_of_freedomMan darf sich daher durchaus wundern, dass ein derart unangepasster Künstler, der sich stets einer allgemeinen Zugehörigkeit verwehrte, von den Eliten aus Politik, Wirtschaft und Kultur mit zahlreichen renommierten Auszeichnungen geehrt wurde. Wären die Preise nicht ausnahmslos eine Würdigung seiner künstlerischen Leistungen, man könnte glatt auf den Gedanken kommen, das Establishment versuche, den einstigen Rebell zu zähmen, indem es sich mit ihm schmückt und ihm Akzeptanz entgegenbringt.

Die Liste von Dylans Auszeichnungen ist lang. So stehen allein 12 Grammy Awards, ein Oscar und ein Golden Globe zu buche. Unter anderem wurde er in die Rock’n’Roll Hall of Fame aufgenommen, besitzt zwei Ehrendoktortitel und erhielt den Pulitzer Preis. Barack Obama verlieh ihm 2012 die Freiheitsmedaille des Präsidenten und dieses Jahr wurde er bekanntlich zum Literaturnobelpreisträger ernannt. Aber typisch Dylan, bei der Zeremonie vor vier Jahren im Weißen Haus wirkte der exzentrische Musiker recht lustlos. Auf seine Reaktion zum Nobelpreis wartet das Komitee in Stockholm derzeit noch vergeblich.

Bob Dylan ist der erste Künstler überhaupt, der den jeweils bedeutendsten Musik-, Film- und Literaturpreis gewinnen konnte.

 

Mehr als Musik

bob_dylan_-_self_portraitIn Anbetracht seines musikalischen und nunmehr lyrischen Schaffens rückt sein Beitrag zur bildenden Kunst ein wenig in den Hintergrund. Bob Dylan ist passionierter Maler. Bereits 1970 zierte das Plattencover zu Self Potrait dem Titel entsprechend ein Selbstbildnis des Musikers und Malers. Seine mit Bleistift und Kohle angefertigten schwarz-weiß Zeichnungen, die oft unterwegs auf Tour entstanden, wurden 1994 in dem Bildband Drawn Blank zusammengefasst.

Diese Zeichnungen bildeten 2007 die Grundlage für die erste Kunstausstellung des außermusikalischen Werks Dylans. Unter dem Titel The Drawn Blank Series stellten die Kunstsammlungen Chemnitz 170 seiner Bilder öffentlich aus. 2011 und 2012 folgten Ausstellungen weiterer Bilder in der Gagosian Gallery in New York. Zwei weitere Ausstellungen folgten 2013 in Mailand und in London.

Seit seinem Bildband von 1994 veröffentlichte Dylan noch fünf weitere Bücher mit Zeichnungen und Gemälden.

 

Knockin’ on Dylan’s Door

Doch die Malerei ist nicht die einzige bildende Kunst, der Dylan nachgeht. Wenn er zwischen dem Komponieren, seiner nie enden wollenden Tour, der Malerei und der ein oder anderen Preisverleihung Zeit findet, designt und schweißt er Gartentore.

“I’ve been around iron all my life ever since I was a kid. I was born and raised in iron ore country – where you could breathe it and smell it every day. And I’ve always worked with it in one form or another”, sagt Dylan über sich selbst. Dementsprechend sammelt er alle möglichen Metallgegenstände – Werkzeuge, Maschinen- oder Autoteile – und verarbeitet sie zu üppig verzierten Toren._71130146_js2_1492

Sieben seiner metallischen Pforten wurden zum ersten Mal 2013 in einer Galerie in London ausgestellt. Die Ausstellung trug den Titel Mood Swings. Laut des Präsidenten der Galerie entschied Dylan persönlich, welche Stücke präsentiert werden durften. Dabei ist jedes Tor mit einem Logo versehen: ein kleiner Metallbüffel, der den Schriftzug Black Iron Works in sich trägt und dem Dylans Unterschrift folgt.

Dylans neueste Kreation wurde im September vorgestellt. Die eiserne Neuschöpfung trägt den schlichten Namen Portal und misst ungefähr 8×4,5 Meter. Das Portal soll dauerhaft das Casino einer großen amerikanischen Hotelkette schmücken, das noch dieses Jahr in National Harbor im US-Bundesstaat Maryland eröffnet wird.

 

Poesie und Metall

Bob Dylans Beschäftigung mit Toren spiegelt sich nicht nur in seinen Skulpturen, sondern ebenso in einigen seiner Lieder wider. Am bekanntesten dürfte Gates Of Eden von 1965 sein, das Motive der Genesis aufgreift. In Never Say Goodbye von 1974 sang Dylan:

“My dreams are made of iron and steel

With a big bouquet

Of roses hanging down

From the heavens to the ground.”

Seine selbstkreierten Eisentore scheinen diese Zeilen wörtlich zu nehmen. Seine Faszination für Tore begründet Dylan wie folgt:

“Gates appeal to me because of the negative space they allow. They can be closed but at the same time they allow the seasons and breezes to enter and flow. They can shut you out or shut you in. And in some ways there is no difference.”

Sogar in dieser Betrachtungsweise vermag man eine gewisse Poesie erkennen, die eines Literaturnobelpreises würdig sein könnte.

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