
Links nach rechts: Joanna Ratajczak, Lyria Messahel, Leslie Nachmann
Von Leslie Nachmann, Vorsitzende des JazzRadio-Beirats
Liebe Freunde,
Deutschlands einziger 24/7 UKW-Jazzsender steht vor dem Aus
Nach 30 Jahren auf Sendung hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg entschieden, JazzRadio die UKW-Sendelizenz nicht zu verlängern. Stattdessen soll unsere bisherige Frequenz 106,8 MHz an einen neuen Techno-Sender vergeben werden – womit Deutschlands einziger 24/7 UKW-Jazzsender seiner Existenzgrundlage beraubt würde.
Wir halten diese Entscheidung nicht nur für falsch – sie ist ein kulturelles Desaster
Was wir zu retten versuchen
Seit drei Jahrzehnten ist JazzRadio Berlin mit seinem 24/7-Jazzprogramm eine einzigartige Stimme in der deutschen Medienlandschaft. Kein anderer deutscher Sender wurde mit mehr nationalen und internationalen Radiopreisen ausgezeichnet. Jazzkünstler und Radioprofis auf der ganzen Welt erkennen unsere Qualität an – und zählen uns zu den besten der Branche.
Zweimal wurde JazzRadio mit World Gold Medals bei den New York Radio Programming Awards – den „Oscars” der Radioszene – als bester Jazzsender der Welt ausgezeichnet. Sendungen wie THE WHITE ROOM, DIPLOMATIC LOUNGE oder XPAT-BERLIN haben neue Maßstäbe für innovative Radioprogramme gesetzt.
Doch es sind nicht die Auszeichnungen, die JazzRadio besonders machen. Sie sind nur ein Zeichen dafür, dass wir vieles richtig gemacht haben.
Wirklich zählt: Eine ganze Generation ist mit dem Wissen aufgewachsen, dass sie auf 106,8 MHz rund um die Uhr Weltklasse-Jazz hören kann.
Es sind die Künstler – lokale Berliner Musiker, nationale und internationale Acts – die wir unterstützt und auf die Bühne gebracht haben. Es sind die Konzerte, die wir veranstaltet haben. Es ist die kulturelle Brücke, die wir zwischen Berlin und der weltweiten Jazzszene gebaut haben.
ie verheerende Entscheidung der Medienanstalt
Trotz all dieser Leistungen hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg beschlossen, unsere Lizenz einem anderen Anbieter zu übertragen. Während der 20-minütigen Anhörung zu unserem Lizenzantrag wurden wir nicht zu den 150 hervorragenden Jazztracks aus unserer Playlist befragt. Stattdessen ging es um Facebook-Beiträge, in denen wir Verzögerungen der Entscheidung kritisierten, um die Quantität (nicht Qualität!) unserer Wortbeiträge und um die Sponsoring-Partnerschaft der brasilianischen Botschaft für unsere preisgekrönte Latin-Jazz-Sendung JAZZRIO!
Unser Eindruck: Die Entscheidungsfindung hatte wenig mit Programmqualität oder öffentlichem Mehrwert zu tun.
Während JazzRadio Berlin – der Pionier, der Jazz in Berlin fest im Radio etabliert hat – nur eine DAB+ Lizenz angeboten bekam (obwohl nur etwa ein Drittel der Radioreichweite in Deutschland über DAB+ erfolgt), wurden einer großen Radiogruppe, die bereits mehrere kommerzielle Sender betreibt, zwei UKW-Jazzlizenzen plus eine DAB+-Lizenz zugesprochen.
Warum das auch für Sie wichtig ist
Als ich mit 19 Jahren mein Praktikum bei JazzRadio begann, hätte ich nie gedacht, dass ich 24 Jahre später Teil eines Teams sein würde, das noch immer zusammenarbeitet – fast drei Jahrzehnte später. JazzRadio wurde meine berufliche Heimat. Der Sender gab mir als sehr junge Frau die erste Chance, mein eigenes Sendeformat zu entwickeln und zu moderieren: THE WHITE ROOM. Diese Sendung wurde später bei den New York Radio Awards mit einer World Gold Medal als bestes Musikformat weltweit ausgezeichnet.
Genau das macht JazzRadio aus: Es fördert Talente. Es geht Risiken ein – mit Musik und Ideen, die andere vielleicht ablehnen würden.
Und es hat eine Gemeinschaft von Hörerinnen und Hörern aufgebaut, die unsere Programme nicht nur einschalten – sondern mit ihnen leben, mit ihnen wachsen, sich auf sie verlassen. Diese treue, leidenschaftliche Hörerschaft ist uns über drei Jahrzehnte hinweg treu geblieben – und gewachsen.
Wenn diese Entscheidung bestehen bleibt, verschwindet all das. Nicht schrittweise. Nicht mit der Möglichkeit, etwas Neues aufzubauen. Sondern sofort und unwiderruflich. Der Medienrat trennt eine 30 Jahre gewachsene kulturelle Institution von ihrer Basis – und ignoriert damit etwas zutiefst Wichtiges: die tiefe Verbundenheit zwischen dem Sender und seinem Publikum.
Wir wehren uns
JazzRadio hat rechtliche Schritte gegen diese aus unserer Sicht nicht nachvollziehbare Entscheidung eingeleitet. Wir fordern die Gerichte auf, einzugreifen – bevor es zu spät ist. Bevor diese einzigartige Stimme im deutschen Rundfunk verstummt.
Aber wir brauchen auch Ihre Hilfe.
Es geht nicht nur darum, Arbeitsplätze zu retten oder ein Unternehmen zu schützen. Es geht um den Erhalt eines unverzichtbaren Teils der Berliner Kulturlandschaft. Wenn JazzRadio 106.8 FM verschwindet, kann kein noch so großer juristischer Erfolg das wiederherstellen, was verloren geht: unsere Hörerbindung, unser Erfahrungswissen, unsere tägliche Präsenz im Leben der Menschen.
So können Sie helfen
Besuchen Sie regelmäßig jazzradio.net und abonnieren Sie unseren Friends of JazzRadio Newsletter, um über den Stand unseres Rechtsverfahrens, weitere Pläne und Möglichkeiten zur Unterstützung informiert zu bleiben.
Bitte spenden Sie für unseren Rechtsstreit. Ihre Unterstützung hilft uns, die Anwaltskosten und den laufenden Sendebetrieb in einer Phase zu tragen, in der die 15-monatige Entscheidungsverzögerung des Medienrats unsere wirtschaftliche Existenz gefährdet hat.
Teilen Sie diese Geschichte mit allen, denen unabhängiger Rundfunk und kulturelle Vielfalt in den deutschen Medien wichtig sind.
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg ist dem öffentlichen Interesse verpflichtet. Ihre Entscheidung, Deutschlands einzigen 24/7 UKW-Jazzsender – mit jahrzehntelanger Jazzkompetenz – abzuschalten, ist nicht hinnehmbar.
Die kommenden Wochen entscheiden, ob Deutschland weiterhin eine unabhängige, engagierte Jazzstimme auf UKW hat – oder ob sie verstummt.
Geben Sie Ihren Jazzsender nicht kampflos auf – den Sender, der seit 30 Jahren den Jazz-Soundtrack Ihres Lebens in der Hauptstadt liefert.
Leslie Nachmann ist ehemalige Moderatorin und Redakteurin bei JazzRadio, frühere Pro7-Moderatorin und heutige Vorsitzende des JazzRadio-Beirats. Sie ist erreichbar unter: leslie.nachmann@googlemail.com