Mein erster Besuch im Heimathafen Neukölln.
Am Einlass bekomme ich einen Stempel in Form eines kleinen Krönchens auf die Hand gedrückt. Es kann also eigentlich schon gar nichts mehr schief gehen; als Prinzessin betrete ich den Raum.
Es ist kurz vor 21 Uhr. Ich hole mir das obligatorische Gläschen Rotwein, gehe keine mehr rauchen (seit September kann ich ohne) und setze mich.
Ein letzter Blick aufs Telefon: Juve führt 1:0 gegen Borussia. Das Licht im Saal geht aus, ich verschütte den Wein.
Während ich auf allen vieren den Boden wische (Aschenbrödel), betreten Vijay Iyer (Klavier), Stephan Crump (Bass) und Marcus Gilmore (Drums) die Bühne.
Nach einer kurzen und sehr sympathischen Vorstellung der Band beginnt das Stück
(die Form des Singulars ist hier bewusst gewählt).
Sehr ruhige und leise Töne werden vorerst angeschlagen; es ist die Ouvertüre zu einer Sinfonie des Jazz.
Während der folgenden zweieinhalb Stunden bricht die musikalische Spannung nicht für eine Sekunde ab.
Crump tanzt und spricht mit seinem Bass, Gilmore ist scheinbar die Ruhe selbst während er fast Drumcomputer-Haft, Beats aus seinem Instrument zaubert und Iyer dirigiert das Ganze am Piano.
Er leitet das Orchester und bringt die Musik immer wieder fast zu einem Punkt, an dem sich alles auflösen könnte, doch schlägt dann plötzlich eine andere Richtung ein.
Es wird leise und leiser, bis der letzte Ton fast verstummt. Dann setzen alle gleichzeitig ein: Staccato, Wums!
Dieses Trio vollbringt eine Meisterleistung an diesem Abend und erzählt eine Geschichte, deren Bilder mir noch lange im Kopf bleiben werden.
Am Ende des Abend ist Borussia Dortmund aus der Champions League ausgeschieden und mir ist es erstaunlich egal.
Alexandra Meyer