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Ich lese gerade Gary Burton’s neu erschienene Autobiografie „Learning To Listen“. Es ist schon erstaunlich, dass seine Karriere nicht nur schon als dreijähriger begann, sondern dass er in jungen Jahren bereits mit Musikern wie George Shearing und Stan Getz spielte.

Sein Coming Out, was in der Jazzpresse ja durchaus viel Beachtung fand und erst sehr spät in seinem Leben stattfand (kein Wunder wenn man aus einem winzigen Dorf mitten in der Pampa von Indiana kommt), wird im Buch natürlich auch ausführlich beschrieben und kommentiert und es werden auch Namen genannt von Kollegen, die ihm danach aus dem Weg gegangen sind, aber soweit bin ich noch nicht gekommen.

Ich bin immer noch mitten in den 60er Jahren, als Gary Burton noch in der Band von Stan Getz spielte, der wohl ein ganz schön übler Zeitgenosse war, nicht nur weil er permanent total besoffen war, sondern auch, weil er andere Kollegen auf der Bühne entsetzlich bloß gestellt hat, weil er an ihren Fähigkeiten zweifelte. So hat er beispielsweise bei einem Konzert Astrud Gilberto, mit der er ja immerhin einen riesigen Erfolg hatte mit dem bahnbrechenden „The Girl From Ipanema“, total hängen lassen und absichtlich nach einem Solo in einem Key weitergespielt, von dem er wusste, dass Astrud nicht fähig war, entsprechend einzusteigen. Die ist daraufhin empört von der Bühne gestiefelt (ich wusste auch gar nicht, dass die beiden mal was miteinander hatten – vielleicht deshalb diese Farce).

Bei einem Konzert Ende der 60er Jahre hat Burton Duke Ellington und seine Band in Berlin gesehen und war völlig entsetzt, als er Leute im Publikum sah, die während des Konzertes Zeitung lasen und die später sogar die Band ausbuhten. Er wusste, dass Berlin schon damals als sehr schwieriges Publikum galt und hat seitdem auch nur sehr selten hier gespielt und ist nicht wirklich erpicht darauf, hier mal wieder aufzutreten.

Vielleicht sollten wir ihn mal einladen, um zu beweisen, dass das Berliner Publikum das beste der Welt ist?

Anyway, Burton fing in den 60er Jahren auch an, seine erste eigene Band zusammen zu stellen und experimentierte sowohl mit Country als auch mit Rock – beides mit erstaunlichem Erfolg. Fortsetzung folgt – ein spannendes und aufschlussreiches Buch.

Matthias Kirsch

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